In der Therapie mit Kindern und Jugendlichen zeigen sich immer wieder auch Mobbing-Erfahrungen. Solche Erlebnisse können zu einem extremen Leidensdruck bei Betroffenen führen.
Mobbing geschieht vor allem in der Schule oder in Jugendgruppen und ist ein durch und durch soziales Phänomen: Innerhalb der Gruppe wird ein Opfer schikaniert, wobei neben einem oder mehreren Tätern auch Zuschauer bzw. Mitläufer zur Eskalation beitragen. In Abgrenzung zu altersüblichen Konfrontationen kommt es bei Mobbing zu einer vorsätzlichen und wiederholten Ausübung von Gewalt über einen längeren Zeitraum. Die Gewalt kann dabei psychischer oder körperlicher Natur sein. In jedem Fall gibt es ein Machtgefälle und die oben erwähnte soziale Komponente, die das Opfer immer weiter in ein Gefühl der völligen Hilflosigkeit treiben: Die systematischen Angriffe auf die eigene Würde führen zu der wiederholten Erfahrung, dass man sich nicht effektiv wehren kann und somit machtlos ist.
In den letzten Jahren ist eine Komponente erschwerend hinzu gekommen, nämlich die Tatsache, dass Täter, Opfer und Zuseher meist rund um die Uhr online sind. Früher wurde Mobbing typischerweise in der Schule verübt und so hatten die Betroffenen eine Entlastung von den Schikanen, wenn sie zuhause waren. Heute setzen sich Beschimpfungen, Drohungen und Herabwürdigungen in sozialen Medien und Messengerdiensten fort und es gibt somit den ganzen Tag lang kein Entkommen. Es sei denn, man zieht sich völlig aus der Kommunikation zurück, was die soziale Ausgrenzung dann jedoch komplett macht.
Wenn das erweiterte soziale Umfeld in diesen Fällen nicht hilft, dann kommt es bei Betroffenen zu großer Verzweiflung und schwersten Belastungsreaktionen, die im schlimmsten Fall bis zum Suizid gehen können.
Was kann nun getan werden, um Mobbing präventiv zu verhindern bzw. die Dynamik zu stoppen?
- Informationskampagnen in Schulen und Jugendgruppen sind ein wichtiger vorbeugender Schritt um Bewusstsein zu schaffen. Jugendliche können dadurch auch zu Zivilcourage angeregt werden, falls sie Anfänge von Mobbing beobachten.
- Betroffene Kinder und Jugendliche müssen unbedingt ernst genommen werden. Eine offene Kommunikationsbasis mit Eltern oder anderen Vertrauenspersonen ist die Voraussetzung, um sich mit negativen Erfahrungen anvertrauen zu können.
- Wenn Eltern von Mobbing erfahren, sollte möglichst rasch ein großer Kreis an Lehrern, Gruppenleitern und anderen Hilfspersonen involviert werden. Eine Offenlegung der Vorfälle und die konsequente gemeinsame Umsetzung von Gegenmaßnahmen sind Grundlagen für eine Verbesserung der sozialen Situation.
- Wichtig ist, das betroffene Kind bzw. den Jugendlichen aktiv zu unterstützen und gemeinsam Strategien gegen die Schikanen zu erarbeiten. Je nach Schwere der Situation sollte man Betroffenen jedoch nicht die eigene Lösungskompetenz abnehmen – dies würde das Gefühl der Hilflosigkeit noch verstärken. Ein wichtiger Schritt der Ermächtigung ist es, aktiv „Stopp“ zu den Mobbinghandlungen zu sagen – wenn möglich selbst oder ansonsten unterstützt durch Vertrauenspersonen.
- Sollten Maßnahmen nicht fruchten oder die institutionelle Unterstützung nicht ausreichend sein, bleibt als letzter Schritt das gemobbte Kind aus der Schule bzw. der sozialen Gruppe herauszunehmen. Dies ist grundsätzlich nicht wünschenswert – jedoch kann es vorkommen, dass Betroffene in der bisherigen Klassengemeinschaft nicht mehr aus der Opferrolle herauskommen.
- Eine psychotherapeutische Begleitung während oder nach einer Mobbingerfahrung kann sehr hilfreich sein, um das Erlebte zu verarbeiten und von einer Erfahrung des Leidens wieder zu neuer Selbstkompetenz zu finden.