Rund um den Jahreswechsel werden gute Vorsätze zum Thema Nummer 1 und beschäftigen uns häufig auch in der Psychotherapie.
Am Ende des Jahres Bilanz zu ziehen ist ein Ritual, das Menschen schon seit Jahrhunderten pflegen. Wenn ein Jahr als Gradmesser unserer Lebenszeit endet und ein neues beginnt, tauchen Fragen der persönlichen Reflexion auf: Wie habe ich die verstrichene Zeit genutzt? Was ist mir widerfahren und wie habe ich es bewältigt? Wie passt das Erlebte in meinen Lebensplan? Wovon will ich mich trennen und was soll mich weiterhin begleiten? Was möchte ich ändern?
Diese Fragen bezogen auf unser Selbstbild führen häufig zu Veränderungsideen: Alte Angewohnheiten sollen verbessert und ungünstige Verhaltensweisen beendet werden. Im nächsten Schritt stellt sich nun die Frage: Was braucht es, um einen Vorsatz auch erfolgreich in die Tat umzusetzen?
Dazu möchte ich gerne einige Anregungen aus vielen therapeutischen Gesprächen und Seminaren geben, die für Neujahrsvorsätze hilfreich sein können:
- Der Fokus auf ein genau definiertes Ziel:
„Ich möchte weniger Süßigkeiten essen“ oder „Ich möchte mehr Sport treiben“ sind schöne Vorsätze. Allerdings sind sie nicht gut messbar, denn: Wie stelle ich fest, ob „mehr“ oder „weniger“ im Rahmen meines Vorsatzes erreicht ist? Hier hilft es, das Ziel möglichst genau zu definieren: Was soll in welchem Ausmaß bis wann erreicht werden? Was ist realistisch? Und vor allem: Was motiviert mich so richtig? Wenn ich zu einem genau definierten, attraktiven Ziel aus vollem Herzen „ja!“ sagen kann, gelingt auch die Umsetzung!
- Die Energie folgt der Aufmerksamkeit - mit allen Sinnen arbeiten:
Mein Ziel male ich mir möglichst detailliert aus, um es zu stärken und in seiner Attraktivität zu verankern. Je mehr Sinne dabei verwendet werden, desto besser: So kann ich ein Zielbild auf Papier zeichnen oder aufschreiben, als Glaubenssatz vorsagen oder mit einer bestimmten Körperbewegung verbinden. Unterschiedliche Erinnerungshilfen helfen dabei: Das Post-It am Badezimmerspiegel, eine passende App, der tägliche Kalendereintrag oder eine Freundin, die regelmäßig als Unterstützerin nachfragt – je mehr Verstärker wir uns organisieren, desto besser wird das Ziel verankert und die Erreichung unterstützt.
- Die Vorsätze positiv formulieren:
Unser Gehirn versteht „nicht“ und „kein“ nicht besonders gut. Das bedeutet für Verhaltensänderungen: Ich überlege nicht nur, was ich nicht mehr tun will, sondern vor allem, was ich stattdessen tun werde. Positive Formulierungen helfen, sich auf neue Verhaltensweisen zu fokussieren und zu freuen: Was tue ich nach einer Mahlzeit, anstatt die gewohnte Zigarette zu rauchen? Was will ich statt Schnitzel und Burger essen? Was kann ich mir an gesunden Alternativen gönnen? Welche Sportart macht mir so richtig Spaß? Um die Attraktivität der persönlichen Veränderung zu steigern, darf man sich durchaus auch mit kleinen Belohnungen „bestechen“.
- Übung macht den Meister:
Veränderungen brauchen Zeit. Und unser Gehirn ist nicht nur ein effizientes, sondern auch ein notorisch faules Organ: Für jahrelang praktiziertes Verhalten hat es starke Verbindungen von Nervenzellen ausgebaut – sozusagen eine Art Autobahn, auf der sich schnell fahren lässt. Andere Verhaltensweisen müssen dann erst neu zwischen den Nervenzellen gebahnt werden – wie ein Feldweg, der sich erst durch längere Benützung in den Boden prägt. Und das fühlt sich zu Beginn mühsam und ungewohnt an. Eine Faustregel besagt, dass neue Handlungen etwa 30 mal bzw. mindestens 6 Wochen lang wiederholt werden müssen, bis so etwas wie eine Gewohnheit entsteht. Daher ist es wichtig, dass ich vor allem zu Beginn an meinem Vorsatz dranbleibe. Und ich darf mir auch bewusst machen, dass wiederholte Anstrengungen notwendig ist.
- Rückfälle sind Vorfälle:
Auf einem neuen Weg geht es nicht zwangsläufig immer nur voran. Der eine oder andere Rückfall muss nicht verteufelt werden, sondern darf als notwendige Ehrenrunde auf dem Weg zur Veränderung gesehen werden. So vermeide ich, in einen Teufelskreis von schlechtem Gewissen und sinkendem Selbstbewusstsein zu kommen. Cheat Days und kleine „Sünden“ auf dem Weg zum Ziel machen uns menschlich und dürfen durchaus wohlwollend angenommen werden.
In diesem Sinne: Ein frohes neues Jahr und viel Freude beim lustvollen und stressfreien Umgang mit persönlichen Vorsätzen!